Viele Führungskräfte geben nicht gerne Feedback, weil es Ihnen unangenehm ist und sie nicht wissen, wie man konstruktiv Feedback gibt.
Feedback ist jedoch ungemein wichtig für die Entwicklung von Individuen und Teams.
Die Management 3.0-Praktik „Feedback Wraps“ bietet ein erprobtes “Rezept” für konstruktives, wertschätzendes Feedback.
Eine unangenehme Situation
Heute ist definitiv nicht Martins Tag. Er hat verschlafen, weil seine Kinder vor ihm wach waren und den Wecker ausgeschaltet haben. Sein Morgenkaffee fiel deswegen auch aus. Der alltägliche Stau auf dem Weg zur Arbeit fühlte sich heute auch länger an als sonst. Kurz vor neun kommt Martin endlich im Büro an. Gerade noch rechtzeitig vor einem wichtigen Kundentermin. Doch als er den Konferenzraum betritt, trifft ihn der Schlag: Der Tisch ist übersät mit leeren Pizzakartons, benutzen Servietten und Bierdosen. Zeit zum Aufräumen bleibt nicht. Er bittet den Kunden also in sein enges Büro und bespricht seine Präsentation am Bildschirm. Eine armselige Vorstellung. Nach dem Termin sucht er nach dem Verursacher des Chaos und wird prompt fündig: Tom, der Teamleiter der Webentwicklung, ist gerade dabei mit einem seiner Mitarbeiter den Konferenzraum zu säubern. Wütend platzt Martin herein und schreit: „Verdammt, Tom! Wegen deiner Schlampigkeit habe ich einen wichtigen Kunden verloren! Grandiose Show, Tom!“ – Tom wiederum reagiert gereizt: „Fahr runter, du Spaßbremse! So schlimm kann es schon nicht gewesen sein!“
Feedback führt oft in die kommunikative Sackgasse
Haben Sie Verständnis für Martins Reaktion? Können Sie mitfühlen, was ihn ihm vorgehen muss? Tatsächlich hat Martin jeden Grund, verärgert zu sein. Und dennoch stößt dies bei Tom auf wenig Verständnis. Durch Martins Zuschreibung „Du bist schlampig“ und die Schuldzuweisung „Durch dich habe ich einen wichtigen Kunden verloren“ bringt er Tom prompt in eine Abwehrhaltung, durch die er deutlich macht, dass weitere Argumente auf der Sachebene vermutlich fruchtlos bleiben werden. Doch wie hätte Martin sein Feedback formulieren können, so dass es durch Tom auch angenommen werden kann?
Als ein gängiges Instrument, um Feedback besser verdaulich zu machen wird oft das Feedback-Sandwich angewandt. Dahinter steckt die Idee, die eigentliche Kritik, also die Wurst- oder Käsescheibe des Sandwiches, zwischen Lob zu Beginn und Ende des Gesprächs zu packen, also quasi die Brotscheiben. In unserem Beispiel könnte Martin also zu Tom sagen: „Hey, Tom! Ich finde es total klasse, dass Du hier im Laden auch mal für gute Stimmung sorgst. Dass ich heute einen wichtigen Kundentermin nicht im Konferenzraum abhalten konnte, weil Du hier ein solches Chaos hinterlassen hast, hat mich hingegen sehr gestört. Dennoch ist es super, dass Du jetzt wieder für Ordnung sorgst.“ Doch, was glauben Sie? Wird dies bei Tom die gewünschte Einsicht erzeugen? Das Problem am Feedback-Sandwich ist, dass es als rhetorisches Stilmittel mittlerweile hinlänglich bekannt ist, so dass der Empfänger des Feedbacks sich zurecht fragt, ob die beiden Lob-Brotscheiben ernst gemeint sind. Am Ende bleibt eben doch nur die Kritik im Raum stehen, die, gerechtfertigt oder nicht, meist negativ aufgefasst wird. Wer wird schon gerne auf Fehler, bzw. als unangenehm wahrgenommenes Verhalten aufmerksam gemacht. Mein Appel lautet daher…
Vergessen Sie das Feedback-Sandwich! Rollen Sie lieber einen Feedback-Wrap!
Jurgen Appelo entwarf in seinem Buch Managing for Happiness als bessere Alternative zum Feedback-Sandwich den Feedback-Wrap, der in seinem Aufbau dem Grundmuster der Gewaltfreien Kommunikation (GFK) nach Marshall B. Rosenberg folgt.
Beschreiben Sie Ihren Kontext.
Beginnen Sie die Konversation damit, dass Sie Ihre Situation erläutern, um das Verständnis und die Anerkennung Ihres Gesprächspartners gewinnen. „Tom! Ich befinde mich gerade in recht rauem Fahrwasser. Unsere Verkaufszahlen sind stark gesunken und ich muss dringend neue Kunden gewinnen.
Teilen Sie Ihre Beobachtungen mit.
Beschränken Sie sich auf spezifische Situationen, die Sie wahrgenommen haben. Vermeiden Sie Wertungen und Zuschreibungen.
„Heute morgen fand ich den Konferenzraum unaufgeräumt vor. Auf den Tischen lagen leere Pizzakartons und Bierdosen.“
Drücken Sie Ihre Gefühle aus.
Lassen Sie Ihren Gegenüber wissen, was diese Beobachtung in Ihnen auslöst. Erzeugen Sie Achtsamkeit dafür, was sie bewegt, ohne jemanden zu beschuldigen.
„Der Anblick hat mich schockiert und ein kleines bisschen in Panik versetzt, da ein wichtiger Kunde bereits an der Lobby wartete.“
Zeigen Sie auf, welche Ihrer Werte dies verletzt.
Erläutern Sie Ihre Bedürfnisse, denn für Ihren Gegenüber mag dies nicht offensichtlich sein.
„Es ist mir wichtig, wie wir unsere Firma Kunden gegenüber präsentieren. Die Präsentation in meinem engen Büro am Bildschirm zu halten, war glaube ich keine gute Vorstellung.“
Enden Sie mit Vorschlägen.
Lassen Sie Ihrem Gegenüber Raum, die Situation zu verbessern und die Lücke zwischen den Fakten und Ihren Bedürfnissen zu schließen. Machen Sie ruhig Vorschläge.
„Ich wünsche mir, dass wir einen Weg finden, die Situation zu verbessern. Wie wäre es, wenn Du mir zukünftig rechtzeitig Bescheid gibst, wenn so etwas noch mal passiert, so dass ich einen anderen Raum buchen kann!?“
Hören Sie zu.
Und schließlich: Hören Sie Ihrem Gesprächspartner aufmerksam zu, wie sie die Situation wahrgenommen hat und welche Vorschläge gemacht werden. In unserem Beispiel könnte Tom vielleicht nun so reagieren: „Oh, Martin. Das tut mir leid! Ich wollte Dir ganz sicher nicht deinen Kundentermin sabotieren. Weißt Du, meine Jungs haben in letzter Zeit für die neue Webseite echt ranklotzen müssen. Ohne Murren haben Sie jeden Tag ein bisschen länger gearbeitet und auch tatsächlich Erfolg gehabt. Die neue Seite ist seit gestern Mittag live. Zur Feier des Tages habe ich spontan eine kleine Movie Night organisiert und Pizza und Bier spendiert. Ich weiß auch nicht mehr, warum wir dachten, dass es eine gute Idee sei, die komplette Original Star Wars-Trilogie zu schauen. Auf jeden Fall wurde es sehr spät, weshalb ich das Aufräumen auf heute Morgen verlegt habe. Aber versprochen: Es soll nicht wieder vorkommen!“
Etablieren Sie eine Kultur der Unternehmensverantwortung!
Verantwortlichkeiten in der Beziehung zwischen Chefs und Mitarbeitern sowie als Verantwortungskultur auf organisatorischer Ebene spielen in einer zunehmend komplexen und chaotischen Zeit eine zentrale Rolle.
Leider wird jedoch „Verantwortung“ im Unternehmen oft einfach vorausgesetzt und daher nur zu selten bewusst auf die Sinnhaftigkeit deren Richtung und Ausmaß geprüft bzw. in eine bestimmte Richtung gefördert. Besonders agile Unternehmen, die mit Scrum oder Kanban arbeiten müssen hier neue Wege finden.
Verantwortungsübernahme ist ein natürliches Verhalten aller Menschen, unter der Voraussetzung, dass alles zusammenpasst. Wenn – wie häufig in Veränderungsprozessen in Organisationen – gewohnte Ordnungen sich auflösen und sich neue herausbilden, ist es sinnvoll, davon auszugehen, dass Verantwortungen zunächst nicht mehr konkruent sind.
Verantwortung sollte nicht nur bezogen auf die einzelnen Individuen und ihre Funktionen betrachtet werden, sondern muss als komplementäres, aufeinander bezogenes Gesamtsystem verstanden und gestaltet werden. Denn wenn Verantwortungen in einem System nicht wahrgenommen werden, kann es leicht zu sog. dysfunktionalen Symbiosen kommen.
Es geht darum, im Unternehmen die Fähigkeit zu entwickeln, durch geeignete Kommunikation angemessen zur Verantwortungsübernahme einzuladen. Die zunehmenden Anforderungen an die Ausrichtung und das Zusammenspiel von Prozessen erfordern heute eine wesentlich intensivere wechselseitige Abstimmung zwischen den Protagonisten sowie der Organisation. Die Qualität dieses Zusammenspiels kann dabei immer weniger strukturell durch Zuständigkeiten definiert werden, sondern muss situativ immer wieder neu “verhandelt” werden.
Die dafür notwendigen Klärungen können in Verantwortungsdialogen erfolgen:
Selbstcheck zur Klärung von Verantwortungsstörungen
(Quelle: Bernd Schmid & Arnold Messmer “Auf dem Weg zu einer Verantwortungskultur im Unternehmen.“)
1. Anerkennen des Unbehagens: Fühle ich mich klar und zuversichtlich bezüglich eines Vorhabens, einer Verabredung? Wenn nicht, wie und bei welchen Gelegenheiten zeigt sich Unbehagen? Wie kann ich es in Worte, in Bilder fassen?
2. Verorten des Unbehagens: Worin besteht das Unbehagen? Wohin gehört es? Hat es mit Verantwortungsstörungen zu tun? Welche funktionalen Änderungen würden es beseitigen?
3. Verbindung mit Verantwortung herstellen: Wer hat welche Verantwortung bezogen auf das, wasUnbehagen erzeugt? Das Unbehagen muss in Verantwortungsdefinitionen umgewandelt werden. Um welche Dimensionen von Verantwortung geht es?
4. Reflektieren der Beweggründe: Was sind möglich Beweggründe für Verantwortungsvermeidung? Worüber sollte mit wem gesprochen werden?
5. Selbsthilfestrategie definieren: Notfalls müssen auch einseitige Maßnahmen zum Selbstschutz ergriffen werden, damit das Unbehagen nicht bei den Falschen hängen bleibt. Gibt es diese Möglichkeit? Zu welchem Preis?
6. Die Übertragung von Unbehagen zu Verantwortlichen planen: Dies klingt ein bisschen vermessen, insbesondere, wenn die Verantwortlichen schwer erreichbar sind und viel mehr Macht haben. Dennoch ist es wichtig, zumindest Drehbücher für solche Inszenierungen schreiben zu können.
Im Zentrum von “Verantwortung” steht der Begriff Antwort. Somit bedeutet “verantworten”, Antworten zu geben (bezogen auf die jeweiligen Rollen):
Antworten wollen: Das ist eine Frage der Werteorientierung. Will jemand die mit einer Funktion verbundene Verantwortung wahrnehmen? Passt die Rolle und die damit verbundene Verantwortung zu seinem Wertempfinden, zu seinen zentralen Gestaltungsinteressen?
Antworten können: Das ist eine Frage der Befähigung durch Qualifikation. Verfügt eine Person über passende Qualifikationen um die erforderlichen Antworten geben zu können? Beherrscht sie die Funktion? Versteht sie den Kontext?
Antworten dürfen: Dies ist eine Frage der Befähigung durch Ausstattung. Ist die Funktion mit für die erwarteten Antworten notwendigen Gestaltungsmittel ausgestattet? Stehen den Verantwortlichen Befugnisse und erforderliche Ressourcen zur Verfügung? Sind sie durch die Hierarchie autorisiert und mit geeigneten “Machtmitteln” ausgestattet?
Antworten müssen: Dies ist eine Frage der Zuständigkeit. Auf welche Fragen muss der Funktionsträger wem gegenüber Antwort geben? Sind ihm Antworten freigestellt? Bei welchen “Mängeln” wem gegenüber werden von wem Konsequenzen gezogen?
Sehr gerne unterstützen wir Sie dabei, wenn Sie den Eindruck haben, dass es bei Ihnen ungeklärte Rollen- & Verantwortlichkeiten (+Konflikte) gibt. Dabei stellt der hier beschriebene “Verantwortungsdialog” nach Bernd Schmid lediglich ein Tool unseres systemisch-agilen Werkzeugkoffers dar.
Quellen & Ressourcen
Bernd Schmid & Arnold Messmer “Auf dem Weg zu einer Verantwortungskultur im Unternehmen.“
Mit Kudo Karten können Sie Ihre Mitarbeiter in Agilen Prozessen motivieren und belohnen – und damit den Team-Spirit fördern.
Lob im agilen Prozess: Wie Sie mit Kudo Karten Ihre Mitarbeiter motivieren
Auf dem ersten PM Camp Rhein-Main 2013 hatten wir eine Kudo Box aufgestellt, in die die Teilnehmer kleine Karten werfen konnten, auf denen Sie anderen Teilnehmern ein Lob aussprachen. Kudos ist (in der agilen Welt) ausnahmsweise mal kein japanisches Wort, sondern britischer Slang, der wahrscheinlich aus dem altgriechischen übernommen wurde und Anerkennung und Lobpreisung ausdrücken soll. Den Singular Kudo findet man indessen nur bei Jurgen Appelo. Die Gelobten wurden von uns öffentlich gepriesen und mit einem kleinen Geschenk bedacht. Die Idee (und Materialien) dazu haben wir von Jurgen Appelo übernommen und wurde von den Teilnehmern rege angenommen.
Wie funktionieren Kudo Karten?
Mit einer an prominenter Stelle aufgestellten Kudo Box (im Grunde einfach eine liebevoll gestaltete Pappschachtel) oder einem zentralen Email-Konto werden die Mitarbeiter dazu eingeladen, ihren Kollegen ein Lob zukommen zu lassen. Die Kudo Box (oder das entsprechende Email-Konto) wird jeden Tag geleert und die Kudos von einer beauftragten Person öffentlich vorgetragen: zum Beispiel beim gemeinsamen Mittagessen oder im Unternehmenschat, per Email-Verteiler, usw. Mit dem Lob verbunden ist eine kleine Aufmerksamkeit, wie zum Beispiel Blumen, Kinokarten oder Süßes, die aus der Firmenkasse für nicht mehr benötigte finanzielle Boni ausgezahlt wird.
Warum Geld kein guter Motivator ist
Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass die Erwartung einer monetären Bonuszahlungen sich kontraproduktiv auf die Mitarbeitermotivation auswirken. Die Mitarbeiter können sich dadurch nur noch schwer für die Tätigkeit selbst motivieren, die ja durchaus sogar als positiv empfunden werden könnte. Diesen Effekt nennt man den Overjustification Effect (Alfie Kohn: Punished by Rewards). Anstatt Freude an der Arbeit zu erwarten zu empfinden, erwarten sie nur noch den Bonus.
Außerdem gilt auch hier: Du bekommst, was du zählst. Sprich, die Mitarbeiter werden ihre Selbstoptimierung auf das (schnelle) Erreichen der Boni konzentrieren und evtl. sogar dafür unerwünschte Abkürzungen gehen (Cheating). Ein solch egoistisches Verhalten wirkt sich oft negativ auf die langfristigen Unternehmensziele und die Umwelt aus. Als prominentes Beispiel führt Jurgen Appelo hier die Lehmann-Pleite und die damit verbundene globale Bankenkrise auf, die ja bekanntermaßen maßgeblich durch das (Eigen-)Gewinn orientierte Verhalten der Investmentbanker ausgelöst wurde.
Die 6 Regeln des Belohnens
Gute Belohnungen sind nicht monetärer Natur (=extrinsische Motivation), sondern regen die Selbst-Motivation des Mitarbeiters an (=intrinsische Motivation). Vorallem in Agilen Prozessen wie Scrum oder Kanban sind Kudo Karten eine tolle Möglichkeit, die Mitarbeiter zu motivieren. Appelo hat dafür 6 Regeln formuliert:
Kündige Belohnungen nicht an! Belohnungen sollen spontan erfolgen, so dass die Mitarbeiter ihre Handlungen nicht auf das Erreichen von Belohnungen ausrichten können.
Halte erwartete Belohnungen klein! Wenn Mitarbeiter dennoch einen Bonus erwarten, halte diesen klein. Denn große Boni wirken sich negativ auf die Arbeitsmotivation aus.
Belohne regelmäßig, nicht einmalig! Veranstalte nicht einmal im Monat einen Belohnungsmarathon, sondern halte jeden Tag Ausschau nach belohnenswertem Verhalten.
Belohne öffentlich, nicht heimlich! Jeder sollte erfahren, warum und wofür jemand belohnt wurde. Das Ziel der Belohnung ist es gute Arbeit anzuerkennen und die Mitarbeiter dies auch genießen zu lassen.
Belohne Verhalten, nicht Ergebnisse! Ergebnisse kann man erschleichen, gutes Verhalten ist jedoch ein Ergebnis harter und ausdauernder Arbeit.
Belohne deine Kollegen, nicht deine Untergebenen! Es ist nicht die alleinige Aufgabe des Managers, seine Mitarbeiter zu loben. Alle sollten die Gelegenheit bekommen, ihre Mit-Arbeiter zu belohnen.
Vorschusslorbeeren
Dass es manchmal hilfreich sein kann, Mitarbeiter im Voraus für noch nicht erbrachte Leistungen oder (noch) nicht gezeigte Verhaltensweisen zu loben, zeigte der US-Psychologe Robert Rosenthal anhand des nach ihm benannten „Rosenthal-Effekts“: In einem Experiment trichterte er einer willkürlichen Gruppe von Schülern ein, sie seien die Besten. Am Ende des Schuljahrs zeigte sich, dass der Intelligenzquotient dieser Gruppe tatsächlich messbar gestiegen war, während der IQ der Vergleichsgruppe, der man nicht gesagt hatte, dass sie zu den Besten gehörten, sich kaum verändert hatte (aus Kitz &Tusch: Psycho? Logisch! Nützliche Erkenntnisse der Alltagspsychologie).
Dieser Artikel erschien ursprünglich 2013 auf Tilman Mosers Blog.
Geld ist kein guter Motivator für Wissensarbeiter*innen, sondern führt im Gegenteil sogar meist zu unerwünschtem Verhalten.
Führungskräfte müssen ein Umfeld schaffen, dass die intrinsische Motivation der Mitarbeiter*innen befördert.
Moving Motivators ist eine Praktik aus dem Management 3.0 Portfolio, die den Mitarbeiter*innen Klarheit über ihre intrinsischen Bedürfnisse und Werte verschafft.
Was treibt uns an?
Haben Sie sich schon einmal gefragt, warum viele Menschen gefallen daran finden, in ihrer Freizeit ein Instrument spielen zu lernen? Und das, obwohl sie höchst wahrscheinlich dafür nicht bezahlt werden. Laut Daniel Pink machen Menschen dies, weil sie Genugtuung dabei empfinden, eine Fertigkeit zu verbessern; womöglich bis hin zur Perfektion. In seinem Buch Drive: Was Sie wirklich motiviert zeigt Pink auf, dass Menschen nach Meisterschaft, Autonomie (selbstbestimmtem Arbeiten) und Sinnhaftigkeit streben.
Jurgen Appelo kombinierte die Motivatoren verschiedener Verhaltensforscher (Daniel Pink, Steven Reiss und Edward Deci), führte ähnliche Motivatoren zusammen und sortierte einige aus, die im Arbeitskontext keine Rolle spielen (sollten).
Heraus kamen diese 10 Motivatoren:
Couriosity (Neugierde): Ich habe viele Dinge zu untersuchen und darüber nachzudenken.
Honor (Ehre): Ich bin stolz darauf, dass sich meine persönlichen Werte in meiner Arbeitsweise widerspiegeln.
Acceptance (Anerkennung): Die Menschen um mich herum finden es gut, was ich tue und wer ich bin.
Mastery (Perfektionierung): Meine Arbeit stellt meine Kompetenz in Frage, aber sie liegt immer noch in meinen Fähigkeiten.
Power (Einfluss): Es gibt genug Raum für mich, um das Geschehen um mich herum zu beeinflussen.
Freedom (Freiheit): Ich bin mit meiner Arbeit und meiner Verantwortung unabhängig von anderen.
Relatedness (Verbundenheit): Ich habe gute soziale Kontakte zu den Menschen in meiner Arbeit.
Order (Ordnung): Es gibt genügend Regeln und Richtlinien für ein stabiles Umfeld.
Goal (Ziel): Mein Lebensinhalt spiegelt sich in der Arbeit wider, die ich mache.
Status (Status): Meine Position ist gut und wird von den Menschen, die mit mir arbeiten, anerkannt.
Die 10 Motivatoren lassen sich gut mit dem Akronym CHAMPFROGS merken, das aus den Anfangsbuchstaben der englischen Begriffe gebildet wird.
Extrinische und Intrinsische Motivatoren
In der Wissenschaft wird dabei zwischen extrinsischen und intrinsischen Motivatoren unterschieden.
So entstehen großartige Romane vermutlich, weil die Schriftsteller*in eine tiefe intrinisch motivierte Befriedigung aus dem kreativen Akt des Schreibens zieht. Es sind aber vermutlich auch extrinische Anreize wie der Drang nach Anerkennung und/oder Bezahlung daran beteiligt, dass das Werk einem größeren Publikum zugänglich gemacht wird.
Geld ist dabei sogar ein Archetyp extrinsischer Anreize in Form von Arbeitslohn und Bonuszahlungen. Wie Daniel Pink allerdings sehr anschaulich darstellt, ist Geld bei einfachen, mechanischen Tätigkeiten ein vorzüglicher Motivator. Erfordert die zu verrichtende Tätigkeit allerdings auch nur im geringen Maße kreative, kognitive Fähigkeiten, führen monetäre Anreize meist zu schlechteren Ergebnissen.
Wie Sie Moving Motivators anwenden können
Die Moving Motivators-Praktik wurde ursprünglich für Führungskräfte entwickelt, um in Einzelgesprächen mehr darüber zu lernen, was ihre MitarbeiterInnen motiviert und begeistert. Ich wende die Moving Motivators auch regelmäßig in Teambuilding-Workshops und Retrospektiven an — lassen Sie dazu die Übung in der Gruppe jeweils im Paar durchführen.
Und so geht’s:
Schritt eins: Bringen Sie die Moving Motivators-Karten in eine für Sie sinnstiftende Reihenfolge. Beginnen Sie dabei rechts mit dem Motivator, der für Sie am wichtigsten ist. Reihen Sie die übrigen Motivatoren in absteigender Wichtigkeit links an. Dies erweist sich oft als schwieriger als es zunächst den Anschein hat. Wenn Sie mit einigen Motivatoren nichts anfangen können, dürfen Sie diese gerne aus dem Spiel nehmen.
Schritt zwei: Überlegen Sie sich, wie sich eine mögliche (oder konkrete) Veränderung in ihrem (beruflichen) Leben auf Ihre Motivatoren auswirkt. Werden diese durch die Veränderung verstärkt oder geschwächt? Signalisieren Sie dies an den Karten, indem Sie sie nach oben oder unten schieben.
Schritt drei: Reflektieren Sie ihre Erkenntnisse mit ihrem Gegenüber und/oder der Gruppe. Welche Motivatoren sind Ihnen wichtig? Welche weniger oder garnicht wichtig für Sie? Hat Sie etwas überrascht? Gibt es Übereinstimmungen mit ihrem Gegenüber oder TeilnehmerInnen der Gruppe?
Planen Sie auf jeden Fall ausreichend Zeit für die Reflexion ein, wenn Sie Moving Motivators mit einem Team spielen. Ich habe es als äußerst lohnend wahrgenommen, im Rahmen dieser Übung auch darüber zu sprechen, wie das Team den einzelnen MitgliederInnen ein Umfeld bieten kann, welches die individuell wichtigsten Motivatoren anspricht und wertschätzt. Die Praktik lässt sich zudem hervorragend mit der Drucker-Übung kombinieren, in der exploriert wird, was die TeilnehmerInnen wertschätzen, was sie gut können, wie sie arbeiten und welchen Beitrag sie im Team leisten können.
Wo Sie Moving Motivators-Karten beziehen können
Moving Motivators-Karten werden kostenlos in verschiedenen Sprachen zum Download angeboten. Im Management 3.0-Shop kann zudem die englische Variante käuflich erworben werden.